
Videospiele und Kinofilme gehören heute praktisch untrennbar zusammen. Kaum ein Blockbuster erreicht die heimischen Kinosäle, ohne dass zeitgleich das entsprechende Lizenz-Game in den Händlerregalen landet. Wir zeigen Ihnen, wie stark Filme und Spiele sich gegenseitig beeinflussen – und worauf es ankommt, damit beide Kunstformen voneinander profitieren.
Es war eine bittere Lektion, die Video- und Computerspieler in den 1980er- und 1990er-Jahren lernen mussten: Nur weil ein Kinofilm toll war, musste das noch lange nicht bedeuten, dass das entsprechende Game ebenso hohen Standards genügte. Im Gegenteil. Als das digitale Spielen noch in den Kinderschuhen steckte, stellten lieblos programmierte Lizenztitel zu grossen Filmproduktionen oft qualitative Tiefpunkte dar. Beispiele gibt es zuhauf, erwähnenswert sind Titel wie «E.T. – Der Ausserirdische» (Atari 2600, 1982), «Roger Rabbit» (NES, 1989) oder «Terminator 2» (NES, 1992). Und dass moderne Technologie und Rechenleistung ebenfalls kein Garant sind für ein gelungenes Film-Spiel, zeigen Games wie «Aliens: Colonial Marines» (Konsolen, PC, 2013). Der Shooter, der sogar als offizielles Sequel zu James Camerons Meisterwerk «Aliens» gilt, enttäuschte mit schlampiger Programmierung, fehlender künstlicher Intelligenz sowie schwacher Grafik. Kein Wunder wurde es von diversen Fachmedien zum «Schlechtesten Spiel des Jahres 2013» gekürt.
Die Zauberformel gefunden
Es geht aber auch anders. Ein gutes Beispiel für ein herausragendes Film-Spiel stellt beispielsweise «Disney’s Aladdin» für Segas Megadrive aus dem Jahr 1993 dar. Das Spiel zum beliebten Zeichentrickklassiker aus dem Hause Disney schaffte es, die Magie der Filmvorlage perfekt einzufangen – und dies trotz der vergleichsweise bescheidenen Rechenleistung der Mega Drive-Konsole. Damals wie heute sind sich Kritiker einig, dass «Aladdin», anders als andere Film-Spiele, nicht schnell und lieblos programmiert, sondern mit der nötigen Leidenschaft für die Vorlage entwickelt wurde. Zum Beispiel hatte das Programmierer-Team darauf geachtet, Schlüsselelemente der Filmhandlung in den Spielablauf einzubinden, Animationsmuster der Hauptfigur zu übernehmen sowie – und das ist entscheidend – den Humor des Originals zu bewahren. Diese Faktoren in Kombination mit einem Gameplay das die Spieler auf motivierende Art forderte, führten bei «Aladdin» zu einem Film-Spiel, das dem Namen der Leinwandvorlage gerecht wird. Auch andere Titel setzen diese Zauberformel erfolgreich um, darunter die «Arkham»-Spielereihe (2009 bis 2015), welche Gamer in die Rolle von Batman schlüpfen liess oder «Alien Isolation» aus dem Jahr 2014. Die Handlung des Spiels ist zeitlich kurz nach den Geschehnissen von Ridley Scotts Klassiker «Alien» angesiedelt und wurde von Kritikern dafür gelobt, den Horror und die Beklemmung der Filmvorlage perfekt wiederzugeben.
Über die Dächer von New York schwingen
Diese Beispiele zeigen: Wird die Entwicklung eines Film-Spiels mit den nötigen Ressourcen sowie der gebotenen Sorgfalt angegangen, entstehen nicht nur tolle Spielerlebnisse – sondern im Idealfall sogar Geschichten, die sich über beide Medienformate hinweg weiterspinnen lassen. Dies lässt sich ideal anhand von «Spider-Man» veranschaulichen. Das Game, welches im September exklusiv für Playstation 4 veröffentlicht wurde, steht in Sachen Spektakel und Action den Leinwandauftritten des Superhelden in nichts nach. Das verwundert nicht, schliesslich betont Creative Director Bryan Intihar in einem Interview, dass er und sein Team mit der Figur des Spider-Man aufgewachsen seien – und sie ihm natürlich alle Ehre in ihrem Spiel erweisen wollten.
Was bedeutet das für die Spieler? In atemberaubender Manier können sie sich als Spider-Man frei durch eine unglaublich detaillierte Repräsentation von New York bewegen – der Rechenleistung der Playstation 4 sei Dank. «Die Mechanik des Netzschwingens ist dabei entscheidend, das Gefühl muss einfach stimmen», führt Bryan Intihar aus. Bereits nach einigen Minuten des Antestens wird klar: Die Entwickler haben den Nagel auf den Kopf getroffen, schon nach kurzer Zeit geht die Steuerung des Spinnenmanns leicht von der Hand. Von da an haben Spieler die Möglichkeit, entweder der Hauptgeschichte des Spiels zu folgen (in welcher natürlich einige klassische Schurken und Helden aus dem Marvel-Universum eine tragende Rolle spielen) oder sich nach eigenem Gutdünken durch New York zu schwingen und Verbrechen aufzuklären.
Was macht einen Menschen aus?
Ein anderes Beispiel dafür, wie Filme und Games sich gegenseitig beeinflussen, liefert «Detroit: Become Human», welches ebenfalls in diesem Jahr exklusiv für die Playstation 4 erschienen ist. Hierbei handelt es sich weniger um ein Videospiel im klassischen Sinne, als vielmehr um einen interaktiven Film. Die Handlung dieses Films ist in einer Zukunft angesiedelt, in der menschliche Roboter (Androiden) zum Alltag gehören. Die künstlichen Wesen übernehmen Aufgaben in allen Lebensbereichen und sind äusserlich kaum mehr von Personen aus Fleisch und Blut zu unterscheiden. Das führt zu diversen ethischen Fragestellungen und Konflikten. Der Spieler nimmt durch seine Entscheidungen Einfluss auf den Verlauf der Story. So kann er bspw. durch das Drücken der entsprechenden Taste entscheiden, ob ein Sicherheits-Android auf einen flüchtenden Menschen schiessen soll – oder eben nicht. Die Entscheidungen müssen innerhalb eines kurzen Zeitfensters getroffen werden, was die Spannung stets aufrechterhält. «Detroit: Become Human» verwischt die Grenzen zwischen Spiel und Film gekonnt und ist damit ein perfektes Beispiel dafür, wie zwei unterschiedliche Medienformate gemeinsam etwas Neues, Aufregendes schaffen können.