Wanda, Mein Wunder

Kinostart

3. Juni 2021

Regie

Bettina Oberli

Cast

Agnieszka Grochowska, Marthe Keller, Anatole Taubman

Genre

Comedy (1h50)

Verleiher

Filmcoopi

Die junge Polin Wanda wird eingestellt, um den Patron einer Zürcher Familie daheim zu betreuen. Die Arbeit ist schlecht bezahlt, aber Wanda braucht das Geld für ihre eigene Familie in Polen. Da alle unter einem Dach leben, bekommt Wanda einen intimen Einblick in das Leben der Wegmeister-Gloors. So intim, dass sie unerwartet schwanger wird. Die Familie reagiert entsetzt. Wie weiter?

FILM DEMNÄCHST traf Regisseurin und Co-Autorin Bettina Oberli in Zürich, in dessen Nähe die Tragikomödie über eine Care-Migrantin spielt.

FILM DEMNÄCHST: Wovon handelt WANDA, MEIN WUNDER?

Bettina Oberli: Eine Polin kommt, um Geld zu verdienen und einer Familie zu helfen, in die Schweiz. Sie hilft der Familie auch, aber anders als alle dachten. Im Zentrum steht das bekannte Max-Frisch-Zitat: «Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen.»

War dieses Zitat die Ausgangslage für dich?

Ich hatte Lust, etwas zum Thema Care-Migration zu machen, hatte aber gleichzeitig auch Lust, etwas über die Schweiz zu erzählen. Und dann stösst man früher oder später auf diesen Satz von Frisch.

Was war denn der Auslöser, dass du diesen Film machen wolltest?

Das Thema liegt in der Luft, etwa auch in meinem Bekanntenkreis. Ich hörte immer wieder von Leuten, die sich überlegten, eine Polin als Betreuerin zu engagieren, um den Vater nicht ins Altersheim bringen zu müssen. Vom Prinzip her ist das ja etwas Schönes, aber wenn man es durchrechnet, erkennt man, dass nicht alle gleich viel davon haben. Deshalb begann mich das Thema zu interessieren und ich spielte in Gedanken durch, was denn geschehen müsste, damit die viel zitierte Win-Win-Situation wirklich eintritt. So entstehen immer absurdere Situationen, die auch komisch sind.

Die Polin wird also ausgenutzt?

Ich denke, es verführt dazu, wenn man weiss, dass diese Person wirtschaftlich abhängig ist. Das muss gar nichts offensichtlich Böses sein. Das findet in vielen kleinen alltäglichen Begegnungen statt. Wir erachten es als selbstverständlich, dass so jemand einer Familie hilft, ihr komfortables Leben aufrechtzuerhalten. Man kann das auch auf die Schweiz übertragen. Unser Land ist darin auch sehr gut.

Was sind das für Frauen, die aus Polen hierher kommen?

Meistens völlig überqualifizierte aus allen möglichen Berufsgattungen, weil sie in Polen keine Arbeit mehr finden. Die allerwenigsten sind ausgebildete Pflegerinnen.

Wanda wird nicht nur finanziell, sondern auch sexuell ausgebeutet.

Es geht ja noch weiter. Nachdem sie vom Hausherrn schwanger geworden ist, wird sie von dessen Tochter als Leihmutter ausgenutzt. Uns ist bewusst, dass dieses von uns erfundene Element eine Gratwanderung ist. Aber wir wollten eben durchspielen, was passiert, wenn die Machtverhältnisse kippen, wenn plötzlich Wanda am längeren Hebel ist.

Wie hast du das Thema recherchiert?

Ich traf viele Polinnen, die hier als Betreuerinnen arbeiten. Das war die ergiebigste Quelle.

Wie findet man diese Frauen?

Ich sah einen Dok-Film über Bozena Domanska, die seit über 30 Jahren hierzulande diesen Job macht. Über den Filmemacher konnte ich sie kontaktieren. Sie gehört zu einem Verein von Polinnen in der Schweiz, die sich regelmässig treffen. Interessant ist, dass alle sagten, sie sähen sich nicht als Opfer. Das war mir für den Film sehr wichtig. Denn: Wer sich als Opfer sieht, kann einen solchen 24-Stunden-Job gar nicht machen.

WANDA, MEIN WUNDER hat das Zurich Film Festival eröffnet. Wie waren die Reaktionen?

Sehr gut. Und vor allem war es schön, nach der Lockdown-Phase den Film nun auf einer grossen Leinwand vorzuführen und zu spüren, wie das Publikum mitgeht. Ich rechne das Christian Jungen, dem künstlerischen Leiter, hoch an. Er hätte auch einen anderen Film als Eröffnungsfilm wählen können.